Im letzten Spiel wollten unsere Profis der Saison gerne noch die Krone aufsetzen. Trainer Stefan Krämer hatte angekündigt, seine Jungs wären bereit "bis zur letzten Patrone" alles rauszuhauen. Doch offenbar hatte vor der Anreise nach Jena jemand vergessen die Pistole zu laden. Ausser ein paar "Schreckschüssen" war nichts zu sehen. Der Lauf war leer.

Es hätte alles so schön sein können. Ein Finalsieg in Jena wäre nicht nur prestigträchtig gewesen, er hätte RWE auch einen warmen Geldregen für die Qualifikation zum DFB-Pokal eingebracht. Am Ende von 90 wenig aufregenden Minuten schnappt sich jedoch der FCC die Moneten und - schlimmer noch - wegen eines "Pyroexzesses" im RWE-Fanblock dürfen wir am Ende vermutlich sogar noch kräftig blechen.

Schon vor dem Anstoss Leuchtfeuer und starker Rauch im RWE-Block. Trotz Aufforderung des Erfurter Stadionsprechers Tom Bertram dies zu unterlassen, tobten sich Unbelehrbare dort minutenlang auf Kosten des Vereins aus. Als es endlich auf dem Rasen losging, entwickelte sich ein verteiltes, von weitgehend sicheren Abwehrreihen dominiertes Spiel. Chancen waren auf beiden Seiten absolut Mangelware. Die erste gute offensive Aktion hatten die Jenaer. Eismann drang von der rechten Seite nach innen, zog aus 20 Metern ab und verfehlte das Ziel nur knapp (8.). Zugleich war es aber auch schon die letzte Möglichkeit des FCC im ersten Durchgang. Erfurt brauchte deutlich länger um sich vorne mal zu zeigen. Doch als Brückner plötzlich zu einem feinen Solo ansetzte und schließlich Kammlott großartig einsetzte, brannte es plötzlich lichterloh vor dem Jenaer Kasten. Denn der Erfurter Torjäger machte seine Sache nicht schlecht, wenn er auch nicht traf. Er täuschte zunächst einen Schuss an, hielt kurz inne, lief noch ein paar Schritte mit dem Ball und suchte dann den Abschluss. Doch FCC-Torwart Kocor ließ sich nicht verladen, roch den Braten und hielt famos (27.). Das war `s dann aber auch auf Erfurter Seite. So ging es in einer zwar umkämpften, aber an Höhepunkten armen Partie torlos in die Kabinen. Interessanter als das Spiel war da schon, wie sich die Fans beider Mannschaften während des ersten Durchgangs ins Zeug legten. Der Support, soweit er sich auf stimmliche Anfeuerung beschränkte, war von beiden Seiten hervorragend.

Nach dem Wechsel kam Rot-Weiß zunächst zielstrebiger aus der Kabine. Die Mannschaft ließ den Ball in den eigenen Reihen laufen und band Jena vor dessen eigenem Strafraum. Doch Ideen durchzubrechen waren rar. Die Techniker, wie Aydin und vor allem auch Brückner, versuchten es aber immer wieder. Letzterer schuf nach einer prima Flanke die zweite dicke Chance für Kammlott. Der kam herangeflogen, verpasste die Kugel wenige Meter vor dem gegnerischen Tor aber knapp (62.). Doch es blieb die einzige nennenswerte Offensivaktion. Und plötzlich war Jena auch wieder da. Nach einer Eismann-Flanke nahm Kapitän Eckardt den Ball direkt aus der Luft und verfehlte den rechten Erfurter Torwinkel nur knapp (75.). Dann die spielentscheidende Szene. Einwurf auf der rechten Seite für Jena, der Ball kommt zum eingewechselten Bock, der fackelt nicht lange, schaut, hält aus gut 22 Metern drauf und trifft mit einem Flatterball ins lange Eck zum 1-0 (79.) Zu diesem Zeitpunkt war Erfurt in Unterzahl. Laurito, der schon im ersten Durchgang von einer Behandlung am Spielfeldrand mit einem "Turban" zurückgekehrt war, wurde genau zum Zeitpunkt des Gegentreffers wieder an der Linie behandelt und fehlte im Deckungszentrum. So fehlten die Zuordnungen. Das relativ späte Gegentor war fraglos ein Schock, verblieben doch nur noch rund 10 Minuten die Sache noch zu korrigieren. Aber es kam - für ein Pokalfinale - danach von Rot-Weiß einfach zu wenig. Jena jetzt befreit, hatte Oberwasser, wollte den Sack zubinden. Mit Erfolg. Denn als Odak Erlbeck zwei Minuten vor Schluss im Strafraum foulte, war ohnehin die Sache durch. Denn der gefoulte Spieler verwandelte den fälligen Strafstoss sicher zum 2-0 und machte damit den Deckel drauf (88.).Zu allem Übel flog Odak für das Foul auch noch vom Platz.

Die entscheidende Szene des Spiels war, als wir Einwurf hatten, den Ball zu leicht hergeben, dann keinerlei Ordnung im Spiel haben und das Tor schlucken. Ab der 65. Minute waren wir ohnehin nicht mehr so richtig präsent. Vom Gefühl her dachte ich schon vorher, wer das erste Tor macht, gewinnt. So war es dann auch. Wir wollten unbedingt Pokalsieger werden, den Pokal der Stadt präsentieren und jetzt müssen wir wieder Aufbauarbeit leisten."

Stefan Krämer

Am Ende jubelte also wieder einmal der FCC. Ein Team, zwar in der Regionalliga beheimatet, aber heute auf Augenhöhe mit uns und am Ende sogar der nicht unverdiente Sieger.Weil sie erkennbar mehr investierten, den Sieg "mehr wollten", sich einfach mehr reinhingen und Pokalcharakter zeigten. Bei Rot-Weiß dagegen, schwere Beine, mentale Schwäche, fehlende Körpersprache, Ideenlosigkeit. Irgendwie ging nicht viel zusammen, auch wenn die Jungs gewollt haben. Nun müssen sie im kommenden Jahr wieder einen Anlauf nehmen. Doch vorher werden alle am 18. Juni die Auslosung zum DFB-Pokal anschauen und sehen, wen Jena als Gegner in der 1. Runde bekommt. Und dann werden wir alle womöglich denken: "Mensch, der Gegner hätte uns auch gut zu Gesicht gestanden...."

Statistik

Tore

1:0 Bock (80.), 2:0 Erlbeck (88./FE)

FC Carl Zeiss Jena

Koczor - Eismann, Klingbeil, Gerlach, Krstic - Erlbeck, Reimann - Mergel (67. Bock), Eckardt (92. Schlegel), Bär (90. Giebel) - Buval

FC Rot-Weiß Erfurt

Klewin - Odak, Möckel, Laurito, Erb - Judt (81. Bergmann), Nikolau - Aydin, Tyrala, Brückner (83. Uzan) - Kammlott

Zuschauer

9.103

Gelb-Rot

Odak (87./wdh. Foul/RWE)

28.05.2016 \ 1. Mannschaft