​Samstag geht es wieder los - endlich! Die neue Saison sei uns willkommen. Dabei will die alte, wie mir scheint, immer noch nicht ganz gehen. Vor ein paar Tagen rang sich in mir nämlich kurzfristig wieder jenes Gefühl der Beklommenheit empor, das längst beerdigt geglaubte Gedanken an das vergangene Saisonfinale wieder zu lebendigen Bildern werden ließ.

Denn in einem Boulevarblatt stand zu lesen:"Dynamo ist nur aufgestiegen, weil Erfurt zu blöd dazu war. Sie haben mental versagt". Das Zitat stammte von Eduard Geyer und klang sehr hart. Nicht das er etwa Unrecht hätte, aber es noch mal hören zu müssen, tat eben doch weh.

Da ich nun aber gottlob dunklen Regungen nur ungern Macht gönne, habe ich die durch das Zitat wieder aufkeimende, bedrückende Erinnerung sofort mit angenehmeren, aktuellen Eindrücken verdünnt und die Gespenster sodann kurzerhand "zum Teufel" gejagt. Schließlich wartet die Zukunft und nicht die Vergangenheit auf uns.

Welche Zukunft aber ist das?

In der wirtschaftlichen Perspektive ist es eine offenbar sehr gute Zukunft. Die neue Arena kommt nach dem Stadtratsbeschluss nun definitiv und kaum hatte sich die Freude darüber gesetzt, da präsentiert Rolf Rombach noch eine Weltfirma, die "International Management Group". Auf dem Vermarktungssektor wird sie uns mit ihren vielfältigen Möglichkeiten sehr helfen. Beide Vorgänge zusammen betrachtet, sind jedenfalls zwei sehr "raumgreifende Schritte" nach vorne!

Das alles jedoch ist nicht viel wert, wenn wir sportlich nicht auch mit dieser Entwicklung Schritt halten.

Wozu sind wir also diesmal sportlich fähig? Sind wir stärker oder schwächer als zuletzt?

Es gibt nicht wenige Stimmen die glauben, wir seien diesmal sogar besser aufgestellt, als in der letzten Saison. Was als kühne Feststellung erscheint, denn die finanziellen Rahmenbedingungen hatten sich zuletzt doch sehr verschoben. Den obwaltenden Umständen gehorchend, sind die Dinge jedoch mit einigem Geschick und durch das Augenmaß des Präsidenten (Rolf Rombach in der TA vom 28.06.11 "Ich werde den Klub nicht durch übereilte Abschlüsse dem Risiko einer Insolvenz aussetzen". ) schließlich so auf den Weg gebracht worden, dass der enorme Aderlass von immerhin 14 Spielern jedenfalls quantitativ mittlerweile weitestgehend ausgeglichen werden konnte.

Wie aber steht es um die Qualität der neuen Spieler? Wie werden sie in kürzester Zeit mit unseren stalleigenen Gewächsen und dem verbliebenen Gerüst der alten Mannschaft harmonieren? Manager, Trainer und Co-Trainer (für den es auch noch eine späte aber glückliche Lösung gab), sind jedenfalls von den Neulingen überzeugt. Es sind ihre "Wunschspieler".

Insbesondere in der Defensive haben wir nach einer ersten vorsichtigen Einschätzung wohl zugelegt. Mit diesem Mannschaftsteil war man zuletzt nicht sehr zufrieden gewesen und daher besonders zu Neuerungen geneigt. Ob Rauw oder Oumari, Jovanovic oder Ofosu-Ayeh, sie alle besitzen eine große und für unser Spiel zu einigen Hoffnungen berechtigende Begabung. Vor allem Bernd Rauw bringt wertvolle Erfahrung mit.

Auch in der Verpflichtung von Manno und Morabit könnte unser Bedürfnis nach vielen erfreulichen Offesivmomenten ein lohnendes Ziel gefunden haben. Der Trainer meinte gar zu Letzterem, er könne die Überraschung dieser Saison werden.

Schade, dass sich Serge Yohoua zunächst nicht auch beweisen kann. Er erwischte in Schlotheim einen Tag, an dem das Schicksal mit keinem guten Geschick an allen Ecken lauert und so ist er mit einer Knieverletzung einstweilen außer Gefecht. Spannend ist schließlich auch "der Kampf um das Tor". Sponsel oder Rickert ? Wer macht das Rennen? Bislang ist die Frage offiziell nicht abschließend beantwortet. Heute noch dementierte der Trainer auf der turnusmäßigen Pressekonferenz eine Zeitungsmeldung, wonach er sich bereits für Rickert entschieden hätte. Warten wir also noch bis Samstag die Antwort auf diese und viele andere Fragen ab.

Als Saisonziel gab der Präsident in dieser Woche in unserem Sommerinterview (siehe Video in der Mediathek) "Platz 1-Platz 8" aus. Ein noch "höhenverstellbares", genauer justierbares Ziel, wenn erst einmal einige Runden gespielt sind. Im Moment fehlen nämlich noch die Anhaltspunkte für echte Orientierung. Die Testspielresultate im oft zweistelligen Bereich, die man in ländlicher Idylle im halben Dutzend einfuhr, waren jedenfalls kein Gradmesser für die Güte der Mannschaft. Auch die "Klatsche" gegen Braunschweig ( die schon länger in der Vorbereitung waren), oder das 1-2 gegen Bremen (die gerade erst mit der Vorbereitung begonnen hatten und nicht in Bestbesetzung waren), muss man relativ betrachten. Am ehesten sind die Spiele gegen die beiden Regionalligisten schon geeignet Schlüsse zu ziehen. Die sportliche Leitung aber hat überall genau hingesehen: Wie bewegt sich jemand, zeigt er, dass er "will und kann". Wie harmoniert wer mit wem?

Die Vorbereitungsphase, dass waren überdies Wochen, in denen die Trainer viel Sorge und Acht auf große und kleine Zwecke verwendet haben und bei der einige Spieler auch schon einmal körperlich "auf dem Zahnfleisch gingen", wie Stefan Emmerling es ausdrückte. Aber es hat offenbar auch Spaß gemacht, wie bei der Rafting-Tour auf der Unstrut. Und Spaß ist ein Faktor, der, an der richtigen Stelle eingestreut und abgerufen, unbedingt gemeinschaftsbildend und leistungsfördernd ist. Nun heißt es, die Früchte der Arbeit und die unterschiedlichen Talente jedes einzelnen Spielers in Geltung zu setzen.

Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wohin die Reise diesmal für uns geht. In einer Liga, in der sportlich (noch) nichts vorhersehbar erscheint, aber in der wirtschaftliche Not an die Türen vieler Vereine klopft. ( Siehe die Story im SPIEGEL: "Rette sich wer kann") RW Ahlen und Koblenz gaben schließlich den Kampf um die "wirtschaftliche Qualifizierung" für die Liga auf. Das sich der Abstieg somit in 2 von 3 Fällen in den Geschäftsstellen und nicht auf dem Rasen entschied, ist ein bedenkliches Signal.

Wir zählen nicht zu der Klientel der akut Leidenden, weil am Steigerwald wirtschaftlich solide gearbeitet wird. Hier gibt man nur aus, was man auch hat.

Nun wollen wir uns mit guten Leistungen weiter sportlich und finanziell stabilisieren. Sportlich stotterte unser Motor anfänglich im Vorjahr bedenklich und wir verloren Punkte und Kredit beim Publikum( = Einnahmen). Die Gegner von damals gehören jetzt wieder zur Startsequenz: Babelsberg, Bremen II, Stuttgart II. Und gleich zu Beginn gibt es am Samstag schon das Derby mit Jena, das Hochamt des Fußballs in der Landeshauptstadt sozusagen. Wir sollten also von Beginn an achtsam sein!

Das gilt auch für die Fans, die eine besondere Affinität zu pyrotechnischem Spektakel haben. So schön etwa "Bengalos" auch aussehen mögen, die Sache kann eben im Einzelfall auch sehr gefährlich sein. Daher begrüße ich sehr die vernünftigen Gespräche der Ultras mit unserem Präsidenten zu diesem Thema. Der Weg zum Einsatz dieses "Mittels" als Ausdruck der Freude im Stadion, soll und wird sich danach einvernehmlich an ganz bestimmte Regeln halten. Ich hoffe sehr, alle (!) denken an diese Abmachung, auch und gerade gegen Jena.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und der Mannschaft einen leidenschaftlich- optimistischen Einstieg in die neue Spielzeit. Ich denke wir sollten, versöhnt mit dem Schrecken des zurückliegenden Saisonfinales und im Glauben an ein Bündnis mit gesonnenen Mächten, die neue Serie zuversichtlich angehen. Dann wird mich und uns alle bald der Satz von Ede Geyer nicht mehr so berühren.

Herzlichst
Ihr
Wilfried Mohren

00.00.0000 \ Mohrens Einwurf