Am Fuße des Olympiastadions traf der FC Rot-Weiß Erfurt am Freitagabend auf die zweite Mannschaft der Hertha BSC. Im Berliner Stadion auf dem Wurfplatz konnten sich die Gäste aus Thüringen in einem hart umkämpften Spiel mit 1:0 durchsetzen. So festigt Rot-Weiß seinen Platz an der Sonne und kann am 25. Spieltag nicht mehr eingeholt werden, bleibt Ligaprimus.

Zu Gast in Berlin musste Erfurts Trainer Fabian Gerber einige schwerwiegende Ausfälle kompensieren. Neben Kämpfer, Hajrulla und Biek, die schon länger fehlen, fiel gegen Hertha II auch Flügelspieler Robbie Felßberg aus, der in den vergangenen Wochen immer wieder viel Schwung von der Bank brachte und im Thüringenderby eine wichtige Torvorlage beisteuerte.

In einer intensiven und von Zweikämpfen geprägten Anfangsphase sammeln die Gäste früh ihre ersten Torabschlüsse, deren Gefährlichkeit allerdings zu wünschen übrig lässt. So scheitern Ciccarelli und Tavares an Hertha-Keeper Kwasigroch, Mergel schlägt einen Freistoß aus 23 Metern in die Mauer. Sowohl die Erfurter, als auch die Berliner versuchen es im Ballbesitz mit schnellem, vertikalem Spiel, was zu zahlreichen Ballverlusten und Fehlpässen führt. Nach einer Viertelstunde kommen die Gastgeber von der Hertha besser in ihr Angriffsspiel, in der 19. Minute verfehlt Florian Haxha das Rot-Weiß-Tor nur knapp. Sein Freistoß aus 23 Metern fliegt über den linken Knick. Die beiden Teams liefern sich in der ersten Hälfte um jeden Ball harte Duelle, das Spiel ist geprägt von ständigen Tempo- und Ballbesitzwechseln. In Minute 28 erkämpft sich Kay Seidemann den Ball in aussichtsreicher Position, scheitert aber mit seiner Hereingabe in die Mitte an einem Herthaner Abwehrbein. Die hohe Intensität zieht in der 35. Minute auch die erste Verwarnung nach sich, Schiedsrichter Florian Lechner zeigt Herthas McMoordy Hüther nach einem Foul an Til-Linus Schwarz die Gelbe Karte. Den darauf folgenden Freistoß schlägt Sidny Lopes Cabral vor das Tor der Berliner, Artur Mergel taucht völlig frei vor Kwasigroch auf, kann die sehr anspruchsvolle Direktabnahme aber nicht aufs Tor bringen. Die erste richtig gute Möglichkeit der Partie! Fünf Minuten vor der Halbzeit steckt Schwarz den Ball durch eine Lücke in der Berliner Defensive, Mergel erreicht den steilen Pass knapp nicht. Kurz vor dem Seitenwechsel hat Cabral erneut die Chance, aus guter Freistoßposition für Gefahr zu sorgen. Er schießt scharf, aber zu zentral, weshalb es torlos mit 0:0 in die Pause geht.

Die zweite Hälfte beginnt, wie die erste endete: viel Kampf, viel Tempo, wenig Torgefahr. Erfurt aber arbeitet sich in diesen zweiten Durchgang hinein, hat seine erste nennenswerte Szene mit einem Schuss von Nazzareno Ciccarelli, der den Ball zum Abschluss eines ordentlich vorgetragenen Angriffs aus 16 Metern knapp neben das Tor setzt. Auf eine gute RWE-Chance folgt die nächste: Tavares taucht nach einem verlängerten Einwurf zehn Meter vor dem Hertha-Gehäuse auf, trifft den schwer zu kontrollierenden Ball aber nicht richtig und setzt ihn so übers Tor. In Minute 57 kommt wiederum Ciccarelli an eine gute Möglichkeit. Artur Mergel behauptet sich im Tempoangriff robust gegen zwei Verteidiger und legt in die Mitte. Ciccarellis Schuss aus sieben Metern wird aber abgefälscht und trudelt so mit wenig Geschwindigkeit in Richtung Kasten, kann kurz vor der Linie noch vom herbeieilenden Innenverteidiger geklärt werden. Nach einem weiteren geblockten Schuss von Cabral antwortet die Hertha auf die rot-weiße Druckphase. Florian Haxha scheitert in der 60. Minute mit einem Fernschuss an Erfurt-Keeper Flückiger. Sieben Minuten darauf melden sich die Gäste mal wieder im gegnerischen Strafraum, nach einem ansehnlichen Seidemann-Dribbling in die Mitte schiebt er den Ball Richtung Ciccarelli, der den Ball auf der Strafraumkante per Hacke auf den durchstartenden Schwarz weiterleitet. Den steilen Pass kann der 23-jährige aber nicht erlaufen, Sonny Ziemer kommt ihm zuvor und kann klären. 20 Minuten vor Spielende hat die Hertha ihre größte Chance der Partie, Ibrahim Maza steckt auf links traumhaft per Außenrist auf den überlaufenden Ensar Aksakal, der frei auf Franco Flückiger zuläuft und abzieht. Der RWE-Torwart kriegt noch eine Hand an den Ball und verlangsamt ihn so, Nkoa kann kurz vor der Linie artistisch klären und so seinem Schlussmann den Rücken freihalten. In der 74. Minute missglückt Erfurts Tavares ein Eckball, den der eingewechselte Caniggia Elva nahe der gegenüberliegenden Eckfahne aufnimmt und Richtung Strafraum auf den innen überlaufenden Ben-Luca Moritz durchsteckt. Dessen flache Hereingabe sorgt für Chaos im Hertha-Sechzehner, der Ball landet über Umwege am zweiten Pfosten beim ebenfalls eingewechselten Osayamen Osawe, der ihn aus drei Metern nur noch in die Maschen drücken muss. So gelingt dem Winter-Neuzugang sein erster Treffer für die Erfurter Farben. Bringt Rot-Weiß diese 1:0-Führung über die Schlussviertelstunde, steht man auch nach dem 25. Spieltag noch unangefochten an der Tabellenspitze. Drei Minuten nach der Gäste-Führung hat das Team von Trainer Ante Covic eine gute Chance auf den direkten Ausgleich. Eine zu weit geschlagene Ecke landet auf der Gegenseite bei Ibrahim Maza, der zunächst einen Erfurter aussteigen lässt, und dann nahe der Grundlinie in den Strafraum einzieht. Mit seiner flachen Rückgabe findet er Cimo Röcker, der aus neun Metern und halblinker Position direkt abschließt und das kurze, untere Eck anvisiert. Flückiger aber ist auf der Hut, taucht ab und kann den Einschlag verhindern. Auf diese Chance folgt wenig von der Hertha, aus viel Ballbesitz in den letzten Minuten kann die Zweitvertretung des Bundesligisten kein Kapital schlagen, versucht es hoch und weit, kann die hochkonzentrierte Erfurter Defensive aber nicht nochmal ernsthaft in Bredouille bringen. Nach 93 Minuten ist Schluss im Stadion auf dem Wurfplatz, Rot-Weiß gewinnt gegen Hertha II mit 1:0.

Durch den Sieg am Freitagabend sichert Rot-Weiß seine Tabellenführung. Erfreuliche Randnotiz: Mit Ayo Adesida gab ein weiterer Winterneuzugang sein Debüt für das Team von Fabian Gerber. Die Thüringer stehen mindestens bis Sonntag mit fünf Punkten Abstand auf den Zweitplatzierten an der Spitze der Regionalliga Nordost. Energie Cottbus hat dann im Top-Spiel bei Lok Leipzig die Möglichkeit, auf zwei Punkte zu verkürzen. Die Konkurrenz von der VSG Altglienicke, derzeit auf Platz 3, setzt ihre gute Form fort und gewinnt im Parallelspiel in letzter Minute sein Gastspiel in Chemnitz mit 1:0. Die Erfurter Anhänger können in der kommenden Woche dennoch ruhig schlafen, den ersten Tabellenplatz kann ihnen am 25. Spieltag niemand mehr streitig machen.

17.03.2023